Eine neue Dimension, ein neues Zeitalter, ein neues Jahr, ein neuer Frühling – unser Leben ist voll von solchen kleineren und größeren Neuanfängen, die, wenn wir
Rainer Maria Rilke Glauben schenken, alle einen gewissen Zauber in sich tragen:
Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt, und der uns hilft, zu leben.
Ist es nicht der Zauber des Neuen, der uns verführt, endlich aus unserer so bequemen Komfortzone herauszutreten, die uns zwar Sicherheit schenkt, andererseits aber
auch eine gewisse
Langeweile in uns aufkommen lässt, nach dem Motto: Immer Himbeereis mit Sahne zum Nachtisch ist auf Dauer auch ganz schön öde. Ist es nicht erst das Neue,
Unerwartete, das unser Leben zum Abenteuer werden lässt, voller Überraschungen und unverhoffter Wendungen? Jedes Neue verspricht, unser Leben zu bereichern, ja erst erfüllt zu machen, und doch
ist es gleichzeitig untrennbar mit jenem ängstlichen Kribbeln im Bauch verbunden, das uns überkommt, wenn der Moment da ist, genau jetzt aus dem Nest springen zu müssen. Hinein ins Wagnis, ohne
Gewissheit, ob unsere Flügel uns auch wirklich tragen werden. Da das Neue immer in der Zukunft liegt und daher ungewiss bleiben muss, springen wir alle ohne Netz und doppelten Boden. Erst danach,
nach dem Sturz ins Unbekannte, werden wir wissen, wo wir dann angekommen sein
werden. Und vielleicht ist es gerade diese Ungewissheit, die den Zauber des Neuen ausmacht.
Was wird nun geschehen, in unserer neuen Zeitepoche, die gern als Zeitalter des Wassermanns umschrieben wird. Für mich ist das frühlingshafte Bild des Sämanns am
zutreffendsten für unsere aktuelle Situation. In früheren Zeiten wurde die Saat noch von Hand aufs Feld gebracht, indem ein Sämann über den Acker schritt und mit weitem Armwurf die Saatkörner auf
den dafür vorbereiteten fruchtbaren Boden verteilte. Jeder Einzelne von uns ist in gewisser Weise ebenso ein solcher Sämann. Und – verwirrenderweise – gleichzeitig auch der fruchtbare Acker, der
die Saat in sich keimen und reifen lässt, damit im Herbst eine reiche Ernte eingefahren werden kann. Schauen wir uns dies doch einmal genauer an.
Zum einen ist ein jeder von uns eine Art
Sämann, der in jedem Augenblick seines Lebens schöpferische Impulse ins Universum senden kann. Unser freier Wille, den wir alle als Geburtsgeschenk am Beginn
unseres Lebens mitbekommen haben, befähigt uns dazu, auf unserem Lebensweg auf der Suche nach uns selbst irgendwann unserer Schöpferkraft zu begegnen. Wir werden uns bewusst, wer wir wirklich
sind, was untrennbar damit zusammenhängt, welchen Sinn wir unserem Leben zu geben vermögen. Es ist ein ganz wesentlicher Aspekt der neuen Zeit, dass wir uns unserer Schöpferkraft bewusst werden.
Rumi sagt dies sehr treffend mit den Worten:
Wenn du überall nur Dunkelheit erblickst, schau genauer hin. Vielleicht bist du das Licht.
Wenn man so möchte, entspricht dieser erste Aspekt im Gleichnis des Sämanns dem männlichen Prinzip. Impulse setzen, etwas tun, ein Ziel erreichen wollen, all dies
entspricht im kosmischen Miteinander der Yang-Energie, die in der neuen Zeit aber beiden Geschlechtern zugänglich wird.
Hand in Hand mit dieser Entwicklung hin zu einem bewussteren Sein des Menschen geht nun die zweite Facette des Gleichnisses vom Sämann. Auch wir sind eine Art von
fruchtbarem Boden, der die Saat in sich keimen, reifen und wachsen lässt. Dies entspricht dementsprechend dann dem weiblichen Prinzip, warum wir ja auch gern von „Mutter Erde“ reden, deren
reichliche Gaben uns Menschen ernähren können.
Im kosmischen Miteinander spielen diese beiden Prinzipien unablässig miteinander, was sehr anschaulich im Yin/Yang-Symbol ausgedrückt wird, in dem sich hell und
dunkel durch eine Welle immerfort gegenseitig bedingen und ineinander verwandeln. Darum ist im Bild des Sämannes auch der eine Aspekt nicht vom anderen zu trennen. Je mehr wir uns unserer
Schöpferkraft bewusst werden und damit positive Energien in die Welt senden, umso fruchtbarer wird auch unser Boden, da wir so immer mehr in unsere angestammte gottgegebene Kraft zurück finden.
Und je mehr wir das Gute in uns verstärken und uns als kosmisches Instrument der Schöpfung verstehen
lernen, in das in jedem Augenblick unsere himmlische Führung ihre göttlichen Impulse sät, umso stärker wird auch unsere eigene Schöpferkraft.
Die neue Zeit wartet in uns, damit wir sie verkörpern. Damit wir sie werden. Damit wir sie sind.
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