Friederike Hemsath
ist Heilpraktikerin für Psychotherapie, Journey Practitioner, Traumasensbiles Yoga. Sie hält seit mehreren Jahren Vorträge zum Thema Emotionales Bewusstsein.
In ihren Vorträgen berichtet sie von ihrer sehr intensiven Arbeit im Bereich Trauma und emotionalen Schwierigkeiten oder auch Coaching in festgefahrenen kommunikativen Schwierigkeiten.
Vortrag Samstag 9:30 Uhr
Durch Verbundenheit Heilung erfahren .
Nach der Erfahrung eines Traumas wieder ganz werden
Erleben wir als Mensch – ebenso wie andere Säugetiere – ein einschneidendes Ereignis, das unsere Existenz bedroht oder unsere Grenzen schmerzhaft überschreitet, aktiviert sich in unserem Körper ein selbstgesteuertes Alarmsystem. Unsere Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit verändern sich.
Da wir jedoch als bewusste Wesen unser Erleben reflektieren können, haben wir die Möglichkeit, unsere inneren Reaktionen zu verstehen und zu beeinflussen. Wir können ehemals bedrohliche Situationen neu einordnen, ihre Auswirkungen relativieren und so auch unsere körperlichen sowie emotionalen Reaktionen transformieren. Diese besondere menschliche Fähigkeit, über traumatische Erfahrungen hinauszuwachsen und Heilung zu erfahren, steht im Mittelpunkt des Vortrags von Friederike Hemsath.
Die Frage nach der Existenz von Grausamkeit auf dieser Welt hat mich seit meiner Kindheit tief bewegt. Besonders schockierte mich, dass der Mensch seinen Verstand manchmal gänzlich losgelöst von Mitgefühl einsetzen kann, um anderen Leid zuzufügen. So begann meine Suche nach einem tieferen Verständnis und einem Weg, in dieser oft bedrohlich wirkenden Welt zu bestehen. Dieser Weg hat mich bis heute nicht losgelassen. Ich habe mich immer wieder mit Fragen der Heilung und des Seins auseinandergesetzt und bin Menschen begegnet, die mir wertvolle Einsichten und Mut schenkten. Trotz aller schmerzhaften Erfahrungen konnte ich wachsen und neue Perspektiven gewinnen.
Ein besonderer Moment in meiner Suche war die Begegnung mit der Lehre von Carl Rogers. Er erkannte, dass erfolgreiche Therapie nicht in der Interpretation von Lebensgeschichten liegt, sondern in einer Atmosphäre der Annahme, Sicherheit und Echtheit. In diesem Raum der Empathie entsteht ein magischer Moment des Selbstverständnisses, der Selbstempathie und des Mitgefühls. Aus dieser Haltung heraus können neue, heilsame Wege beschritten werden – ein Prozess, den Rogers als "Selbstaktualisierung" bezeichnet.
Heute wissen wir, dass dieser Zustand von Vertrauen, Entspannung und Heilung messbar ist – unter anderem durch die Herzratenvariabilität (HRV), die anzeigt, wie schnell sich unser Nervensystem nach einer Stressreaktion wieder regulieren kann.
Auch die Arbeit von Brandon Bays mit The Journey hat mich tief berührt. Sie zeigt, dass wir Heilung erfahren können, wenn wir unsere inneren Schmerzebenen bewusst durchschreiten, ihnen als Zeugen begegnen und nicht anhaften. An diesem Punkt öffnet sich ein Ort der Mühelosigkeit und tiefen Verbundenheit – die "Quelle", wie sie es nennt. Selbstmitgefühl und Vergebung werden so möglich, was tiefgreifende Transformationen erlaubt.
Doch in meiner Arbeit mit traumatisierten Menschen stellte ich fest, dass ein entscheidender Aspekt oft zu kurz kam: der Körper. Die Forschung bestätigt, dass sich Traumata nicht nur im Geist, sondern tief in unserem Körper verankern. Bessel van der Kolk beschreibt dies treffend in seinem Buch Der Körper behält die Spuren – und unsere eigene Sprache spiegelt dies wider: "Der Schreck sitzt mir in den Knochen", "Mir ist der Schrecken in die Glieder gefahren." Ein Trauma kann Schlaf rauben, Bewegungen blockieren und unsere Lebenskraft einschränken.
Peter Levine zeigt in Das Erwachen des Tigers, dass die im Trauma gebundene Energie befreit werden muss, um Heilung auf allen Ebenen zu ermöglichen – bis hin zur spirituellen Ebene. Genau hier setzt traumasensibles Yoga (TSY) an, das den Körper gezielt in den Heilungsprozess einbindet.
Im Yoga gibt es das Modell der fünf Koshas, das diesen ganzheitlichen Ansatz verdeutlicht:
Annamaya Kosha – die physische Hülle (Körper, Nahrung)
Pranamaya Kosha – die energetische Hülle (Atem, Lebensenergie)
Manomaya Kosha – die emotionale Hülle (Gedanken, Emotionen)
Vijnanamaya Kosha – die intellektuelle Hülle (Intuition, Weisheit)
Anandamaya Kosha – die Glückseligkeitshülle (spirituelles Selbst)
Diese Sichtweise macht deutlich, warum Heilung nur dann vollständig ist, wenn sie auf all diesen Ebenen stattfindet. Yoga unterstützt uns dabei, Blockaden aufzulösen und uns in der tiefsten Schicht – der Glückselighkeishülle – mit unserem Sein zu verbinden.
Für mich ist jeder Mensch ein Lichtpunkt im Universum. Unsere traumatischen Erfahrungen und Ängste mögen wie Schatten auf diesem Licht liegen, doch sie können es niemals auslöschen. Indem wir uns auf unser inneres Licht konzentrieren, finden wir die Kraft, die Schatten aufzulösen. Als Begleiter:innen traumatisierter Menschen ist es unsere Aufgabe, diesen Raum zu halten und ihnen zu helfen, sich wieder mit ihrem Licht zu verbinden.
Ein wichtiger Lehrer auf diesem Weg war für mich Pari, den ich als Meister der liebevollen Annahme und humorvollen Leichtigkeit erlebte. Er zeigte mir, dass Heilung nicht in der Identifikation mit unserer Leidensgeschichte liegt, sondern in der präsenten, liebevollen Akzeptanz dessen, was ist.
In meiner Ausbildung zur Begleitung traumatisierter Menschen vermittle ich diesen ganzheitlichen Ansatz. Der Workshop am … bietet die Möglichkeit, die Hintergründe von Traumata zu verstehen, Verarbeitungsmechanismen kennenzulernen und praktische Übungen zu erfahren, die den Heilungsprozess unterstützen.
Die nächste Ausbildungsrunde findet 2026/27 statt. Weitere Informationen und YouTube-Beiträge gibt es unter: www.traumatherapie-bodensee.de.